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Do. 25 Apr. 2024
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Im Dachstuhl von Dom und Rathaus

Feuerwehr-Nachwuchs erlebt besonderen Ausbildungstag in Aachens Wahrzeichen

Sie prägen die Stadt wie kaum etwas anderes: Dom und Rathaus stehen für Aachen. Vielmehr: Sie sind Aachen. Seit vielen hundert Jahren setzen sich unzählige Menschen für die beiden Wahrzeichen ein, pflegen sie, besuchen sie, spenden für sie – und schützen sie. Doch was wäre zu tun, wenn ein Brand in einem der historischen Gemäuer ausbricht? Mit dieser Frage haben sich am Mittwoch (2. August) 14 Brandmeisteranwärter*innen (elf von der Feuerwehr Aachen, drei von den Feuerwehren aus Düren und Bonn) beschäftigt.

Notre-Dame im Kopf

Im Rahmen ihrer Ausbildung erkundeten sie einen Tag lang das Aachener Münster und anschließend das gotische Rathaus. Wo befindet sich die Brandmeldeanlage? Welche Besonderheiten erwarten Feuerwehrleute insbesondere in den imposanten Dachstühlen der beiden Gebäude? Wie sehen die Zugänge aus, um in die oberen Geschosse zu kommen? An welchen Stellen können Einsatzkräfte im Falle eines Brandes Schläuche anschließen? Diese und viele weitere Aspekte standen beim Ausbildungstag vor Ort auf dem Programm. „Seit vielen Jahrzehnten ist die Aachener Feuerwehr sehr dafür sensibilisiert, dass solche außergewöhnlichen Gebäude wie der Dom und das Rathaus bestmöglich geschützt werden müssen. Der fürchterliche Brand der Pariser Kathedrale Notre-Dame hat das Thema auch einer großen Öffentlichkeit gezeigt, was passieren kann. Daher ist es gerade für uns als Brandschutzexperten wichtig, unsere Nachwuchskräfte früh an dieses Thema heranzuführen und sie auch für solch einen potenziellen Ernstfall bestmöglich vorzubereiten“, berichtet Sebastian Ganser, Ausbilder an der Aachener Feuerwehrschule.

Für den Brandmeisteranwärter und gebürtigen Stolberger Justin Bücke, der wie alle anderen im April 2023 seine Ausbildung bei der Feuerwehr Aachen begonnen hat, bedeutet die Exkursion in die normalerweise nicht zugänglichen Bereiche von Dom und Rathaus ein besonderes Erlebnis. Hoch oberhalb der Chorhalle und mit Blick hinunter auf den Münsterplatz sagt er: „Hier auf dem Dach des Doms stehen zu können, ist für uns eine einmalige Gelegenheit. So können wir im Rahmen unserer Ausbildung den Dom und die Stadt aus einer Perspektive sehen, die man im Alltag nicht erhält.“ Und genau diese Erfahrung eines Perspektivwechsels kann im Ernstfall hilfreich sein. Einsatzkräfte, die die Enge der Altstadt genauestens kennen, die die verwinkelten Aufgänge und Treppen in den Domdachstuhl einmal beschritten haben, können im Falle eines Notfalls auf genau diese Erfahrungen zurückgreifen.

Pumpanlage aus dem Jahr 1929

Und ja, sagt Bernd Spykers, ein unvergessliches Erlebnis mit atemberaubenden Aussichten sei es für die Nachwuchskräfte natürlich auch. Daher sei es absolut in Ordnung, wenn auch ein wenig Tourismusprogramm in die Exkursion einfließe. Also zücken viele der Brandmeisteranwärter*innen zwischendurch immer wieder ihre Smartphones, um die Ausblicke auf die Altstadt festzuhalten. Spykers kennt diese Ausblicke seit vielen Jahrzehnten. 1981 ist der Aachener in die Freiwillige Feuerwehr eingetreten, fünf Jahre später begann er seine Laufbahn bei der Berufsfeuerwehr. Zum Dom hat Spykers ein ganz besonderes Verhältnis, war 25 Jahre lang Verbindungsmann zwischen Domkapitel/Bistum und der Feuerwehr Aachen. Seit zwei Jahren genießt er den Ruhestand. Doch für den Ausbildungsblock Dom kommt Spykers gerne zurück. Ganze Generationen an Feuerwehrleuten hat er die Besonderheiten von Deutschlands erstem UNESCO-Weltkulturerbe nahegebracht. So zeigt er auch an diesem Augusttag den 14 Brandmeisteranwärter*innen, in welchem Anbau im Domhof die Pumpanlage steht, die im Notfall die Sprinkleranlage im Dom versorgen würde. „Diese Anlage stammt aus dem Jahr 1929, eine der ersten ihrer Art, die es überhaupt in Deutschland gegeben hat. Und dass hier in Aachen damit der Dom ausgestattet worden ist, ist für die damalige Zeit wirklich einmalig.“ Weiter geht es hinauf in den Westturm, vorbei am Thron Karls des Großen, in den Glockenturm, in luftige Höhen rund um das Oktogon und in den spektakulären Dachstuhl. Dort, mit den vielen Tonnen an Holzbalken, befindet sich die größte Brandlast im gesamten Bau – und das in einer stolzen Höhe von bis zu 76 Metern.

Sebastian Ganser und Bernd Spykers informieren über die detaillierten Einsatzpläne, die es extra für den Dom gibt. Sie weisen auf die Wandhydranten hin, zeigen, wo Löschschläuche an die Pumpanlage angeschlossen werden können. Objektkunde nennen das die Fachleute. „Im Einsatzfall kommt es auf jede Sekunde an, dann muss jeder Handgriff sitzen“, weiß Ganser. Viele Menschen engagieren sich dafür, dass es niemals zu so einem Brandnotfall im Dom kommt. Und das übrigens rund um die Uhr. Denn zu jeder Minute ist eine verantwortliche Person im Münster.

Schwebend über dem Krönungssaal

Szenenwechsel: Nach der spannenden Exkursion im Dom steht das bekannteste Verwaltungsgebäude der Stadt Aachen auf dem Programm. Mit Rathaus-Hausmeister Heinz Spees marschierten die jungen Feuerwehrleute durch den Granusturm direkt hinauf in den imposanten Dachstuhl. „Nun schweben wir über dem Krönungssaal“, sagt Spees und führt die Truppe über schmale Gitterstege, die wenige Meter über den Kuppeln von Aachens berühmtestem Saal, in dem bereits unzählige Staatsgäste aus aller Welt zu Gast waren. Von solchen Erlebnissen weiß der Ur-Öcher Spees zahlreiche Anekdoten zu erzählen. Aber auch wie das Leben Karls in seiner Kaiserpfalz vor 1200 Jahren ausgesehen haben muss, kann Heinz Spees den jungen Feuerwehrleuten bildreich schildern. Ein informatives wie humorvolles Erlebnis!

Das Aachener Rathaus blickt auf eine wechselvolle Geschichte zurück. Bei mehreren Bränden – zuletzt in Folge von Bombenangriffen im Zweiten Weltkrieg in den Jahren 1943 und 1944 – wurde das Gebäude stark in Mitleidenschaft gezogen. Doch die Aachener Bürgerschaft baute ihr zweitberühmtestes Wahrzeichen wieder auf und kümmert sich bis zum heutigen Tage intensiv darum. „In dieser Geschichte sehen wir auch unsere Verantwortung als Feuerwehr Aachen, das Erbe unserer Stadt bestmöglich zu schützen“, sagt Ausbilder Sebastian Ganser. Am Ende gibt’s von den Brandmeisteranwärter*innen Applaus für den eindrucksvollen und lehrreichen Tag. Und die Bestätigung, eine sehr gute Berufswahl getroffen zu haben – im Schatten Dom und Rathaus.

Weitere Infos:

Die Feuerwehr Aachen sucht regelmäßig erfahrene Kolleg*innen, Auszubildende und Quereinsteiger*innen. Die Brandmeisteranwärter*innen-Lehrgänge starten jeweils im April und im Oktober. Wenn Sie sportlich sind und anderen Menschen helfen wollen, bringen Sie schon die wichtigsten Voraussetzungen für die Arbeit bei der Feuerwehr und im Rettungsdienst mit. Ein kühler Kopf und Einfühlungsvermögen helfen im Einsatz. Leistungsbereitschaft, mutiges und verantwortungsbewusstes Handeln, psychische Belastbarkeit, sowie der Spaß am Umgang mit modernen technischen Geräten und die Bereitschaft zum Schichtdienst sind weitere wichtige Voraussetzungen. Eine schnelle Auffassungsgabe und Spaß bei der engen Zusammenarbeit im Team runden das Profil ab, um perfekt auf einen Job oder eine Ausbildungsstelle bei der Feuerwehr Aachen zu passen.

Mehr Infos zu den Ausbildungsmöglichkeiten und -voraussetzungen bei der Feuerwehr Aachen findet man unter https://karriere.aachen.de/feuerwehr/.

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