Welchem König es genau zugeordnet werden kann, ist unklar. Aller Wahrscheinlichkeit nach wurde es 1774 für eine Trauerzeremonie König Ludwig XV. verwendet. Möglicherweise stammt es aber bereits aus der Zeit des berühmten französischen Sonnenkönigs Ludwig XIV. Doch wie kam das Bahrtuch nach Aachen?
„Lange Zeit war es Brauch, dem Marienstift in Aachen die Bahrtücher französischer Könige zu übergeben. Damit sollten der Verstorbene und gleichzeitig der 1165 heilig gesprochene Karl, der erste abendländische Kaiser, in jeweils mehrtägigen Trauerfeierlichkeiten geehrt werden“, erklärt die Leiterin der Domschatzkammer, Dr. Birgitta Falk. Nachweisbar sind entsprechende Schenkungen für die Jahre 1612, 1657, 1722, 1775 und 1824. Die Niederlegung des Bahrtuchs in der Aachener Grabeskirche bedeuteten den Abschluss der Krönungsfeierlichkeiten des neuen Königs in Reims.
Das 1775 eingetroffene Bahrtuch hat nachweislich nicht auf einem königlichen Grab gelegen, sondern wurde eigens für Aachen angefertigt. Ludwig XVI. hatte bereits ein Jahr zuvor nach dem Tod seines Vaters vor Ort nachfragen lassen, wie das Bahrtuch für das Marienstift auszusehen habe. Die Stiftherren sandten eine farbige Darstellung nach Paris, die als Vorlage für das Tuch dienen sollte, das schließlich 1775 von einer Delegation nach Aachen gebracht wurde.
Das klingt zunächst nach einer sehr eindeutigen Zuordnung. In der Forschung ist allerdings umstritten, ob es sich jeweils um das Tuch vom Grab des Vorgängers oder des Vorvorgängers handelte. Sollte Letzteres der Fall sein, wäre es das Bahrtuch des berühmten Sonnenkönigs. „Wir wissen, dass die Zeremonie für Ludwig XV. oder eben Ludwig XIV. im hiesigen Münster vier Tage gedauert hat“, sagt Falk. „Wie bei der Trauerfeier für einen deutschen König wurde über dem Grabmal Kaiser Ottos III. ein Trauergerüst im Chor errichtet. Der schwarz behangene Katafalk war reich besetzt mit Kerzenständern, silbernen Vasen und französischen Wappen.“
Monica Paredis Vroon hat sich beim Aufbau der Ausstellung an dieser Anordnung orientiert. Damit der empfindliche Samtstoff nicht zu Schaden kommt, wird er mit einer Tüllschicht geschützt. „Das Bahrtuch wurde in Aachen bis ins 19. Jahrhundert immer wieder für die Aufbahrung von Verstorbenen benutzt, wodurch Schäden und Nutzungsspuren entstanden sind: Der Stoff weist Risse und Löcher auf. Auch ist er stark abgerieben. Überdies sind die Reste von Kerzenwachs zu erkennen.“ Ungewöhnlich findet sie den guten Erhaltungszustand der Pelze. Jetzt ist sie gespannt darauf, ob auch die Besucherinnen und Besucher ihre Begeisterung für die „pall auß Frankreich“ teilen werden.
ÖFFNUNGSZEITEN
Mit Beginn der Osterferien öffnet die Domschatzkammer wieder täglich: Mo., 10 bis 14 Uhr, Di.-So., 10 bis 18 Uhr. Es gilt die 3G-Regelung. Tickets sind in der Dominformation erhältlich.