Lage der Inklusion in Deutschland auch im zweiten Corona-Jahr alarmierend - In Nordrhein-Westfalen im Durchschnitt noch mehr arbeitslose Menschen mit Behinderung als im Vorjahr
Die Corona-Pandemie erschüttert die Situation für Menschen mit Behinderung auf dem Arbeitsmarkt das zweite Jahr in Folge – auch in Nordrhein-Westfalen: In den ersten zehn Monaten 2021 waren hier im Durchschnitt 52.562 Menschen mit Behinderung arbeitslos, und damit sogar noch einmal mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Zu diesem Ergebnis kommt das aktuelle Inklusionsbarometer Arbeit der Aktion Mensch und des Handelsblatt Research Institutes.
Fortschritte bei Inklusion auf dem Arbeitsmarkt zunichte gemacht
Auch wenn die Studienergebnisse zeigen, dass sich der seit Beginn der Pandemie vorherrschende negative Trend im Jahresverlauf 2021 etwas verlangsamt, ist eine Entwarnung aus Sicht der Aktion Mensch noch lange nicht gegeben.
So waren in Nordrhein-Westfalen im Oktober dieses Jahres zwar rund zwei Prozent weniger Menschen mit Behinderung ohne Arbeit als im Oktober des Vorjahres – doch noch immer fast neun Prozent mehr als im Vergleichszeitraum vor der Pandemie. Damit befindet sich der Wert für Nordrhein-Westfalen über dem bundesweiten Durchschnitt von mehr als acht Prozent im gleichen Zeitraum.
„Insgesamt liegt das Niveau der Inklusion auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland weiterhin auf dem Stand von 2016. Da sich die Situation in den Jahren vor Corona fast stetig verbesserte, heißt das: Alle seither erreichten Fortschritte sind verloren“, bestätigt Prof. Dr. Bert Rürup, Präsident des Handelsblatt Research Institutes. „Aktuell entwickelt sich die Lage für Menschen mit Behinderung zudem weniger positiv als für Menschen ohne Behinderung. Denn erfahrungsgemäß ist der Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderung von einer geringeren Dynamik geprägt.“ Für den Ausblick bedeutet dies: Menschen mit Behinderung werden deutlich länger gegen die Negativfolgen der Pandemie anzukämpfen haben.
Langzeitarbeitslose mit Behinderung: Vom Arbeitsmarkt vergessen
Damit steigt weiterhin auch die Gefahr, dass noch mehr Menschen mit Behinderung in die Langzeitarbeitslosigkeit geraten. Schon im letzten Jahr waren bundesweit knapp 70.000 Personen mit Behinderung mindestens ein Jahr ohne Beschäftigung, davon über die Hälfte sogar länger als zwei Jahre. „Die Langzeitarbeitslosigkeit ist auch unabhängig von der derzeitigen Krise ein gravierendes Problem“, erklärt Christina Marx, Sprecherin der Aktion Mensch. „Für Menschen mit Behinderung, die schon lange arbeitssuchend sind, bestehen ohne eine aktive Unterstützung seitens Wirtschaft und Politik kaum Chancen, auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Diese Menschen werden schlichtweg vergessen und durch strukturelle Barrieren auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt.“
Kaum Erholung auf Länderebene – Hamburg und Bayern am stärksten betroffen
Trotz der leicht positiven Entwicklung, die sich seit Anfang dieses Jahres flächendeckend in Deutschland – mit der Ausnahme Mecklenburg-Vorpommerns – abzeichnet, liegt die Anzahl arbeitsloser Menschen mit Behinderung in durchweg allen Bundesländern weiterhin über der des Vor-Corona-Zeitraums. Den höchsten Anstieg der Arbeitslosenzahlen infolge der Pandemie verzeichnen dabei nach wie vor die Bundesländer Hamburg mit fast 16 Prozent sowie Bayern mit rund 14 Prozent (Vergleichszeitraum Oktober 2019 und 2021).